Herzerkrankungen oder Kreislaufschwäche können zu akuten Herz-Rhythmus-Störungen oder gar zur Bewusstlosigkeit führen. Ein Horrorszenario für alle, die am Steuer eines Fahrzeugs sitzen. Mit dem neuen biometrischen Lenkrad des IT-Entwicklers Neusoft lässt sich jetzt der Gesundheitszustand eines Fahrers permanent überwachen. Im Notfall können schnelle technische Gegenmaßnahmen schwere Unfälle vermeiden.
Herz- und Kreislauferkrankungen sind in Deutschland für über 20.000 Autounfälle pro Jahr verantwortlich. Wird ein Autofahrer von einem Schlaganfall oder einer Herz-Rhythmus-Störung überrascht, kann er leicht die Kontrolle über sein Fahrzeug verlieren. Denn sobald der Betroffene die Anzeichen einer solchen Beeinträchtigung registriert, ist es in der Regel schon zu spät, um das Fahrzeug kontrolliert zum Stehen zu bringen.
Lenkrad überwacht Vitalwerte
Um bei akuten Beschwerden eines Autofahrers einem Unfall vorzubeugen, messen die biometrischen Sensoren im neuen Neusoft-Lenkrad permanent Vitalwerte wie Herzschlag und Sauerstoffgehalt des Blutes. Werden Veränderungen registriert, lassen sich automatisch technische Gegenmaßnahmen einleiten. Die Neusoft Technology Solutions GmbH ist der aktuell größte Softwareentwickler Chinas. Eines der Wirkungsfelder des Unternehmens liegt im Bereich der Fahrzeugelektronik (Erforschung und Bereitstellung von Entertainment-, Navigations-, Kommunikations- und Fahrsicherheitssystemen). Bei der Entwicklung des Lenkrads kooperierte Neusoft eng mit der Firma Aerotel Medical Systems, einem Hersteller von Telemedizingeräten. Wichtig war den Ingenieuren vor allem, dass beim Fahrer weder Bewegungsfreiheit noch Fahrkomfort durch die Messvorrichtungen beeinträchtigt werden. Dies, so Markus Ito, Solution Manager bei Neusoft, sei die Grundvoraussetzung, um die neue Technik „effektiv für Komfortfeatures zukünftiger Autosysteme“ nutzen zu können. Wann das Lenkrad in Serie geht, ist allerdings noch unklar.
Herzerkrankungen können die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen
3595 Verkehrstote zählte das Statistische Bundesamt im Jahr 2012 auf deutschen Straßen. Etwa 40 Prozent dieser Todesfälle lassen sich auf überhöhte Geschwindigkeit zurückführen. Bei rund 10 Prozent war Alkohol im Spiel. Kritische Gesundheitszustände bei Fahrzeugführern spielen innerhalb dieser beunruhigenden Verkehrsstatistik allerdings weitaus seltener eine Rolle, da es vorrangig 18- bis 20-jährige sind, die Unfälle verursachen. So lassen sich nur knapp 2 Prozent aller Crashs auf akute Erkrankungen zurückführen. Bei etwa der Hälfte dieser Fälle handelt es sich um akute Herz- oder Kreislaufstörungen. Die Sensoren im Lenkrad könnten hier bald effektiv Unfälle verhindern.
Darf ich mit einer Herzerkrankung Auto fahren?
Eine Herzschwäche muss nicht automatisch die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen. Um hier Richtlinien zu schaffen, hat die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) ein Positionspapier herausgegeben. Die Leitlinien „Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen“ beschreiben, bei welcher Art und Ausprägung von Herzstörungen ein Arzt seinen Patienten als fahruntauglich einstufen sollte. Laut des Positionspapiers werden nach folgenden Beeinträchtigungen Fahrpausen empfohlen:
- unkomplizierter Herzinfarkt: zwei Wochen
- schwerer Herzinfarkt: ein Monat
- Einsatz eines Herzschrittmachers: eine Woche
- Schockabgabe durch einen Defibrillator: drei Monate
Diese Maßgaben jedoch könnten durch Einsatz des biometrischen Lenkrads zukünftig wesentlich weiter gefasst werden. Grundlage der Angaben im Positionspapier ist eine statistische Hochrechnung bezüglich der Wahrscheinlichkeit, mit welcher ein herzkranker Autofahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert. Als Risiko-Schwelle hat die DKG einen Grenzwert von 1:20.000 angesetzt. Das heißt: Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass ein Fahrer einen schweren Verkehrsunfall verursacht, muss weniger als 1:20.000 betragen. Zum Vergleich: das statistische Risiko, dass ein 18- bis 20-jähriger einen tödlichen Crash verursacht, liegt bei 1:1000.