Veröffentlicht: 12. Juni 2014, 15:34
Im Motorsport ist Carbon schon lange eine feste Größe. Jetzt erobert der ultraleichte Werkstoff langsam auch den privaten PKW-Markt. Doch führt das nicht automatisch zu einer Kostenexplosion für den Endverbraucher?
Möglichst
sparsam und
umweltfreundlich soll es sein, das Auto der Zukunft. Um dieses Ziel zu erreichen, wird nicht nur an
neuen Motoren und
Antriebsarten getüftelt – auch beim Werkstoff ändert sich einiges. Denn: Je leichter, desto effizienter! Schließlich steigt mit dem Gewicht des Fahrzeugs auch der Spritverbrauch.
Motorsport als Entwicklungskatalysator
Aluminium und Magnesium in verschiedenen Werkstoffkombinationen galten bis vor wenigen Jahren als zukunftsweisend. Doch jetzt kommt aus den Entwicklungslaboren des Motorsports ein neuer Anwärter auf den Titel des perfekten Autobaustoffs: Carbonfaserverstärkter Kunststoff, kurz CFK, wird schon lange beim Bau von Rennwagen eingesetzt. Die Cockpits, in denen die
Formel-Eins-Piloten Platz nehmen, sind zum Beispiel meist aus dem ultraleichten, dabei aber sehr festen Material gefertigt.
Hier wird im Namen der
Geschwindigkeit das Gewicht gesenkt. Kosten spielen dabei keine Rolle – anders als im zivilen Bereich. Bisher wird CFK dort vornehmlich für
in Kleinserie gefertigte Supersportwagen, bei denen die zahlungsfähige Kundschaft ohnehin nicht auf den Verkaufspreis achtet, eingesetzt. Kann der teure, nur in aufwendiger Handarbeit zu produzierende Baustoff sich auch allgemein durchsetzen?
Carbon bietet viele Vorteile
Carbon ist zwar – noch – sehr teuer, bietet jedoch viele Vorteile: Es ist noch leichter als Aluminium und Magnesium. Im Vergleich zu Stahl ist kohlefaserverstärkter Kunststoff sogar nur halb so schwer – dabei aber genauso fest! Seine hohe Steifigkeit verdankt der aus Kohlefaser und Harz zusammengesetzte Verbundstoff der Hitzebehandlung, der er beim Aushärten ausgesetzt wird.
So entsteht ein Stoff, der fast alle Eigenschaften mitbringt, die von den Autoingenieuren verlangt werden: Leicht, aber dennoch stabil.
Die zur Zeit noch sehr hohen Kosten werden voraussichtlich durch fortschreitende Automatisierung in der Produktion sinken. Noch sind Carbonautos weitgehend Handarbeit, und damit für den durchschnittlichen Endverbraucher wenig erschwinglich.
BMW versucht zwar mit dem revolutionären
i3 die neue Leichtigkeit in das Segment der Kleinwagen zu bringen. Doch ähnlich wie der ebenfalls aus Carbon gefertigte
VW XL1 ist dies eher ein Machbarkeitsexperiment, als ein Volksauto für den Alltag.
Allerdings: Gerade
Elektroautos, die im Namen der
Reichweite besonders auf jedes gesparte Kilo angewiesen sind, haben gleichzeitig ohnehin schwer mit dem Gewicht der Akkus zu tragen. Die Stromer profitieren also besonders vom Werkstoff Carbon – und steigern durch ihren emissionsfreien Antrieb noch einmal das grüne Potential der Leichtbauweise.
Hybridbauweise ist im Kommen
Dennoch setzen die Autobauer auch weiterhin auf Alternativen im Leichtbau.
Audi treibt bereits seit den neunziger Jahren die Entwicklung von Alufahrzeugen voran. Obwohl die Ingolstädter sich mit dem
R8 Spyder auch an CFK versuchen, wollen sie weiterhin an Aluminium festhalten: Der Stoff sei nicht nur günstiger, sondern auch umweltfreundlicher, was Produktionsvorgänge sowie Wiederverwertung angeht.
Volkswagen dagegen setzt weiterhin auf Stahl, der jedoch durch ultrahohe Erhitzung dünner, leichter und fester wird. Experten gehen auch dort, wo die Kosten eine untergeordnete Rolle spielen, nicht davon aus, dass der neue Werkstoff die alten vollständig verdrängen wird.
Alleine aus
Sicherheitsgründen sei eine Mischbauweise die optimale Lösung: Denn Carbon ist zwar stabil, verformt sich jedoch nicht. Das kann bei bestimmten Fahrzeugteilen im Falle eines
Crashs gefährlich werden – während bei anderen die Festigkeit des Stoffs von Vorteil ist.
Wenn sowohl Kosten- als auch Sicherheitsgründe also gegen vollständig aus Carbon gebaute Fahrzeuge sprechen, können wir uns dennoch gefasst machen, dass das Vorbild von BMW i3 und VW XL1 Schule machen wird. Je mehr der Automatisierungsprozess die Produktionskosten senkt, umso stärker wird Kohlefaserverstärkter Kunststoff in Zukunft auch in Serienfahrzeugen zu finden sein.